26. Juni bis 1. Juli 2016
7. Sommerakademie Schweizer Literatur: Avantgarden und Avantgardismus. Programme und Praktiken emphatischer kultureller Innovation
Zum Thema
«Ich zähle mich nicht zur heutigen Avantgarde.» Mit dieser Bemerkung grenzt sich Friedrich
Dürrenmatt 1956 dezidiert von einer Zuordnung zur Avantgarde ab, während zur selben
Zeit in Literatur und Künsten überall neo-avantgardistische Tendenzen aufbrechen.
Andererseits ist der Einfluss der Pariser Avantgarde des Absurden (Beckett, Adamov,
Ionesco) auf Dürrenmatts Konzeption des grotesken Theaters unverkennbar. Literarisches
Selbstverständnis und literaturhistorische Einschätzung fallen einmal mehr auseinander,
insbesondere da es sich beim Schlagwort «Avantgarde» um einen unscharfen
Begriff handelt, der unterschiedlichste Konzepte und Vorstellungen bündelt.
Die Sommerakademie setzt sich zur Aufgabe, das Feld der diversen Avantgardismen zu
vermessen – von den historischen Avantgarden der ersten Jahrzehnte des Zwanzigsten
Jahrhunderts über neo-avantgardistische Strömungen der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
bis hin zur Frage nach der Post-Avantgarde. Dies nicht mit dem Ziel, klare Trennlinien
zu schaffen, sondern vielmehr ein Verständnis zu gewinnen für Prozesse kultureller
Innovation und Provokation. Im Vordergrund stehen deshalb Fragen nach dem Selbstverständnis deklarierter Avantgarden, wie es in Programmen und Manifesten, aber auch in ihren Praktiken und ästhetischen Ausformungen Gestalt gewinnt.
Neben der Internationalität des Themas soll nicht zuletzt auch die Situation in der Schweiz
im Auge behalten werden – auch jenseits ihrer notorischen Rolle als Dada-Geburtsstätte.
Allgemeine Konzeption der Sommerakademie
– Das Programm will die wissenschaftliche Beschäftigung mit Schweizer Literatur im
internationalen Kontext fördern. In Form von Vorträgen und Seminaren unter der
Leitung renommierter Fachleute findet eine intensive Auseinandersetzung mit Aspekten
der Thematik statt. Die Kursblöcke werden ergänzt durch Workshops und einzelne
Abendveranstaltungen.
– Die thematische Anlage wird erweitert durch den Einbezug von Materialien aus Literaturarchiven.
– Die Mitbeteiligung von Vertretern aus dem Literaturbetrieb gibt die Möglichkeit einer
praxisnahen Auseinandersetzung mit dem literarischen Arbeiten.
– Der Kurs richtet sich in erster Linie an fortgeschrittene Studierende und Doktorierende,
die ihre Kenntnisse vertiefen und Kontakte zu anderen Institutionen knüpfen
möchten. Die Teilnehmenden sollten über solide Grundkenntnisse der Thematik verfügen
und bereit sein, ihre Lektüren fortzusetzen. Sie haben die Möglichkeit, eigene
Projekte zum Thema zur Diskussion zu stellen.
– Das Centre Dürrenmatt im früheren Wohnhaus Friedrich Dürrenmatts und im
modernen Anbau Mario Bottas sowie das sommerliche Neuchâtel bieten attraktive
Rahmenbedingungen und eine entspannte Atmosphäre für den Kurs.
Referentinnen und Referenten
Prof. Dr. Andrea Albrecht, Universität Stuttgart
Urs Engeler, Verleger, Solothurn
Michael Fischer, wiss. Mitarbeiter Centre Dürrenmatt Neuchâtel
Prof. Dr. Boris Groys, New York University/Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
Prof. Dr. Thomas Hunkeler, Université Fribourg
Prof. Dr. Hans-Thies Lehmann, Goethe Universität, Frankfurt am Main (angefragt)
PD Dr. Marcel Lepper, Deutsches Literaturarchiv, Marbach
Dr. Stephanie Leuenberger, ETH Zürich
Prof. Dr. Hubert van den Berg, Universität Posen (angefragt)
Prof. Dr. Sandro Zanetti, Universität Zürich
Martin Zingg, Literaturkritiker, Basel
Madeleine Betschart, Leiterin Centre Dürrenmatt Neuchâtel
Organisation und Begleitung
Madeleine Betschart, Leiterin Centre Dürrenmatt Neuchâtel
Dr. Andreas Mauz, Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie (IHR), Universität Zürich
Dr. Ulrich Weber, Centre Dürrenmatt Neuchâtel / Schweizerisches Literaturarchiv, Bern
Dr. Magnus Wieland, Schweizerisches Literaturarchiv, Bern
PD Dr. Irmgard Wirtz, Leiterin Schweizerisches Literaturarchiv, Bern
Seminarthemen und Programmpunkte des Kurses
– Geschichte, Programmatik und Ästhetik der Avantgarden, Avantgardeforschung, Poetik, Politik, Performanz und Praxis der Avantgarde, Aktualität der Avantgarde, Avantgarde und Verlag
– Einblick in historische Bestände: Nachlässe von Hugo Ball, Friedrich Dürrenmatt, Otto Nebel, Archiv der Walter Drucke, Archiv Urs Engeler Editor, Dokumente zu den «Berner Konkreten»
– Kurzreferate zu den Projekten der Teilnehmenden
– Blick in die Werkstatt: Seminar mit Urs Engeler
– Einführung in die wissenschaftliche Arbeit mit literarischen Archiven
Rahmenprogramm
– Führung durch das Centre Dürrenmatt Neuchâtel und die temporäre Ausstellung «Friedrich
Dürrenmatt und Eugène Ionesco»
– Führung durch Bern auf den Spuren der historischen Avantgarde und der Nonkonformisten mit Fredi Lerch
– Podiumsdiskussion mit: Robert Aeberhard, Ariane von Graffenried, Anton Bruhin (angefragt), Matthias Burki, Urs Engeler
– Abendveranstaltung: Live-Konzert von Fitzgerald & Rimini, der «Schweizer Avantgarde des musikalischen Spoken Word»
Bewerbung
Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 20 beschränkt. Die Kursgebühr für die ganze Woche
beträgt für Studierende/Doktorierende CHF 100, für Post-Docs CHF 180. Die Kosten
für Unterkunft, Frühstück und Mittagessen werden von den Veranstaltern übernommen.
Die Reisekosten (Anreise, Zugfahrt nach Bern, Stadtbus) und das Abendessen gehen zu
Lasten der Teilnehmenden.
Bewerbungsschluss ist der 25. März 2016
Bewerbungen zu richten an : andreas.mauz@access.uzh.ch
Der Bewerbung beizulegen sind eine Begründung des Interesses sowie Informationen zu Vorarbeiten und Projekten zum Kursthema.
Auskünfte erteilen :
Dr. Andreas Mauz
andreas.mauz@access.uzh.ch
Dr. Magnus Wieland
magnus.wieland@nb.admin.ch
Veranstaltet vom Schweizerischen Literaturarchiv (Bern) in Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Literaturarchiv (Marbach) und dem Centre Dürrenmatt Neuchâtel
Mit Unterstützung der Charlotte Kerr Dürrenmatt-Stiftung